1. Preisverleihung des
Bertha-von-Suttner-Kunst- & Medienpreises

Laudatio von für Peter Bürger, Autor des Buches »Kino der Angst.
Terror, Krieg und Staatskunst aus Hollywood«
und Preisträger des Bertha-von-Suttner-Kunst- & Medienpreises
in der Kategorie »Film und Medien«
am 18. April 2006, 18.00 Uhr, im Ökohaus Frankfurt



Buchautor Peter Bürger (Mitte)
bei der Verleihung des
1. Bertha-von-Suttner-Preises
in der Kategorie »Film- & Medien«
durch Joachim Thommes (links),
Politischer Geschäftsführer
der DFG-VK,
und Jürgen Grässlin,
DFG-VK-Bundessprecher und
Jurymitglied.

Foto: Holger Schmidt

Laudatio für Peter Bürger

von Jürgen Grässlin, Mitglied der Jury

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

gemeinsam mit Professor Uta Ranke-Heinemann hatte ich als Mitglied der Jury die Ehre, den Preisträger des Bertha-von-Suttner- Kunst- & Medienpreises in der Kategorie »Film und Medien« auswählen zu dürfen. Unabhängig voneinander kamen Frau Ranke-Heinemann und ich zum selben Ergebnis: Der diesjährige - und zugleich der erste Preisträger - heißt Peter Bürger.

Peter Bürger, geboren 1961, ist Diplom-Theologe und examinierter Krankenpfleger. Seit vielen Jahren engagiert er sich als Mitglied der internationalen katholischen Friedensbewegung Pax Christi und als Mitinitiator des Ökumenischen Friedensnetzes Düsseldorfer Christinnen und Christen.

Peter Bürger arbeitet aber auch als freier Publizist. Als solcher hatte er sich bereits im Jahr 2004 mit der Veröffentlichung des Buches »Napalm am Morgen« einen Namen gemacht. In diesem Werk stellte er nicht die »größte Propagandamaschine der Welt« in den Mittelpunkt seiner Recherchen, vielmehr verfasste er eine Hommage an die kritischen Traditionen Hollywoods.

In seinem neuesten Werk »Kino der Angst. Terror, Krieg und Staatskunst aus Hollywood«, das im Jahr 2005 im schmetterling verlag in Stuttgart erschienen ist, setzt sich Peter Bürger mit der mehr als einhundertjährigen Kooperation von Kino und Krieg auseinander.

Ich selbst durfte mich dem Buch »Kino der Gewalt« bisher in zweierlei Funktion annähern: Zum Ersten als Lehrer: Derzeit bereite ich - gemeinsam mit Schülern einer neunten Klasse - eine Unterrichtseinheit zum Thema »Sollen gewaltverherrlichende Kriegscomputerspiele für Jugendliche verboten werden?« vor, die in wenigen Tagen im Deutsch-Unterricht zur Umsetzung kommen wird. Das Kapitel »Kultur des Todes. Kriegsspielzeug, Computer-Shooter und futuristische Militärtechnologie« in Bürgers Buch »Kino der Gewalt« lieferte uns schon jetzt hilfreiches Hintergrundsmaterial.

Bürgers Analyse in diesem Kapitel zu Kriegscomputerspielen zeigt die ganze Tragweite der aktuellen Entwicklung auf: »Die Kriege und Krieger von morgen werden stets heute gemacht. Auch in den Sektor der Spielzeugbranche hinein reicht der lange Arm des Pentagon.« Der Autor Bürger zitiert Darryl Depriest von GI-Joe, dem traditionsreichsten Hersteller auf dem US-Kriegsspielzeugmarkt, mit den Worten: »Unser Verhältnis zum Militär ist gut«, sagt Depriest. »Unsere Entwickler sprechen sich laufend mit Vertretern von Armee und Marine ab.« Peter Bürger erkennt und benennt die drohende Entwicklung: »Der Computermarkt ist dabei, Hollywood an Gewicht zu überholen.«(1)
Zu Recht weist der Düsseldorfer Autor darauf hin, dass die Schulmassaker in Littleton 1999 und in Erfurt 2002 von Schülern durchgeführt wurden, die in ihrer Freizeit nachweislich Killerspiele gespielt haben.

Zum Zweiten habe in meiner Funktion als Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen bereits bei Podiumsdiskussionen zum Irak-Krieg auf Informationen aus Bürgers Buch »Kino der Gewalt« zurückgegriffen. Eindringlich führt uns Peter Bürger in seinem Werk vor Augen, wie Kriege medial vorbereitet werden.

Wir alle wissen, dass dem US-Verteidigungsministerium Pentagon bei den Vorbereitungen und der Durchführung vielzähliger Kriege eine Schlüsselrolle zukommt. Im »Kino der Gewalt« erfahren wir, wie die US-Filmindustrie - allen voran Hollywood - über Jahre hinweg den medialen Nährboden für die Kampfeinsätze der US-Army und ihrer Alliierten bereitetet hat und weiterhin bereitet.

Peter Bürger, Autor des Buches
»Kino der Angst.
Terror, Krieg und Staatskunst
aus Hollywood«,
bei der Vorstellung seiner Studie.

Foto und Acrylgemälde
von Bertha von Suttner
von J. Grässlin

Drei lange Jahre hat Peter Bürger mehr als 500 Filmtitel gesichtet. Wer kennt nicht die so genannten Kassenschlager »Top Gun«, »Air Force One« oder »Pearl Harbor«, die ein Millionenpublikum ins Kino gelockt und Milliardeneinnahmen in die Kasse der Filmindustrie eingespielt haben. Aber wer ist sich schon dessen bewusst, dass viele der Megaerfolge aus Hollywood vom Pentagon logistisch, personell und finanziell unterstützt worden sind? Und dass sie Militärinterventionen und den Einsatz von Atomwaffen - wie in »Armageddon« - den blutigen Boden bereiten?

Wer Peters Bürgers Buch »Kino der Angst« gelesen hat, der wird die Kriegs-, Science Fiction- und Katastrophenfilme aus Hollywood nicht länger mit neutralem Blick betrachten können. Bürger kommt der Verdienst zu, die unheilige Allianz zwischen dem Pentagon und Hollywood, zwischen dem größten Kriegsministerium und der größten Filmmaschinerie der Welt, detailliert und fundiert aufgezeigt und kritisch reflektiert zu haben.

Dem »Kino der Gewalt« setzt Peter Bürger eine Gegenkultur, die »Kultur des Friedens«, entgegen. Er will »der Kriegspropaganda Grenzen setzen«. Um dieses Ziel zu erreichen, fordert Bürger unter anderem, dass »Medienprodukte, bei denen Kriegsministerien, Militär und Rüstungsproduzenten mitgewirkt haben. zum Verbraucherschutz einen Aufdruck tragen« müssen. Außerdem schlägt er vor: Staatliche und kirchliche Medienarbeit müsse über diese Produkte aufklären, aus öffentlich geförderten Medienangeboten müssten sie »prinzipiell verbannt« werden und auch der Jugendmedienschutz müsse seine Kriterien überdenken. Bürger Ansatz reicht bis hin zur Forderung einer weltweiten »demokratischen Kontrolle der Mediengiganten und Kommunikationsnetze«.(2)

Mit seinen Forderungen steht Peter Bürger nicht allein: Die Friedensbewegung, die christlichen Kirchen und viele andere, relevante gesellschaftliche Gruppen nehmen sich dieses Themas an und machen sich Peter Bürgers Forderungen zu Eigen.

In diesem Sinne spreche ich dir, lieber Peter, für dein Buch und dein Engagement für eine »Kultur des Friedens« unsere Anerkennung und Hochachtung aus. Im Namen der Jury überreiche ich dir hiermit den diesjährigen Bertha-von-Suttner-Kunst- & Medienpreis in der Kategorie »Film und Medien«. Wie ich weiß, soll das Preisgeld auch dazu verwendet werden, die nächste Auflage des Buches zu mitzufinanzieren. Wir wünschen dir für hoffentlich weitere Neuauflagen deines Werkes »Kino der Gewalt« viele neue Leserinnen und Leser.

Herzlichen Glückwunsch und weiterhin viel Kraft für deine humanistische und aufklärerische Friedensarbeit.



Jürgen Grässlin
www.juergengraesslin.com, j.graesslin@gmx.de

Buchtipps
Bürger, Peter:
»Napalm am Morgen. Vietnam und der kritische Kriegsfilm aus Hollywood«,
Düsseldorf 2003
Verlag und Vertrieb:
fiftyfifty, Jägerstraße 15, 40231 Düsseldorf
fiftyfifty@zakk.de
www.napalm-am-morgen.de

Bürger, Peter:
»Kino der Angst. Terror, Krieg und Staatskunst aus Hollywood«,
schmetterling verlag Stuttgart 2005

Quellen:
(1) Bürger, Peter: Kino der Angst, a.a.O., S. 65
(2) ZivilCourage Juli 2005, S. 17